Autor

Carsten Brzeski
Chefvolkswirt der ING-DiBa
@carstenbrzeski

Chart of the Week Die Inflations-Diät

Freitag, 3. Juni 2022

Zugegeben: Diät-Tipps kennen wir eher aus der Feder von Ernährungsberatern oder vom Titelblatt diverser Zeitschriften als von Ökonomen. Im aktuellen Umfeld scheint der kritische Blick in den Einkaufswagen allerdings nicht nur gut für die Figur, sondern vor allem gut für den Geldbeutel zu sein. Wir zählen ab heute Prozentpunkte statt Kalorien und halten eine strikte Inflations-Diät.

Die Preise sind in Deutschland im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um voraussichtlich 7,9 Prozent gestiegen. Die Hauptreiber hinter dem rasanten Preisanstieg bleiben weiterhin Energie- und Rohstoffpreise, doch auch die Preise für Lebensmittel haben zuletzt überdurchschnittlich stark angezogen. Im Mai lag die jährliche Teuerungsrate für Nahrungsmittel bei mehr als 11 Prozent, was dem stärksten jährlichen Preisanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991 entspricht.

Details zur Lebensmittel-Inflation sind bis April verfügbar. Von den 142 Lebensmitteln, die im Warenkorb, der zur Messung der Inflation herangezogen wird, enthalten sind, stiegen im April für 132 die Preise. Für 118 der Komponenten lag die Inflation bei über 2 Prozent, also oberhalb des Zielwertes der EZB, für mehr als ein Viertel aller im Warenkorb enthaltenen Lebensmittel stiegen die Preise im Vergleich zum April des letzten Jahres sogar im zweistelligen Bereich.

Die Tatsache, dass es noch ein paar Lebensmittel gibt, die in diesem April günstiger zu haben waren als im vergangenen Jahr, veranlasst uns dazu, unsere Ernährung einmal zu überdenken.

Preissteigerung für Lebensmittel im Vergleich zum April des Vorjahres

Quelle: Destatis; ING Economic & Financial Analysis

Unser Chart of the Week zeigt uns, welche Lebensmittel bei unserer Inflations-Diät ganz oben auf der Speisekarte stehen – und welche wir lieber meiden sollten. Am stärksten stiegen im April die Preise für Tomaten, Sonnenblumen- und Rapsöl sowie für Rinderhackfleisch. Da auch Nudeln um knapp 25 Prozent teurer waren als im April des Vorjahres, sind Spaghetti Bolognese in unserer Diät nicht enthalten. Schade, aber stattdessen stürzen wir uns auf Paprika, Kohl und Möhren – es läuft wohl auf eine Gemüsepfanne hinaus. Und sogar einen Nachtisch können wir uns erlauben. Auch Schokolade und süße Mandeln waren im April im Vergleich zum Vorjahr im Preis gesunken. Wer es lieber gesünder mag, darf auch gern zu Pfirsichen oder Kirschen greifen – denn auch die waren zuletzt preiswerter als noch vor einem Jahr.

Eine gewisse Inflations-Diät halten die Verbraucherinnen und Verbraucher sogar bereits ein. Eine ING-Umfrage aus dem März dieses Jahres ergab, dass rund 35 Prozent der Befragten aufgrund der gestiegenen Preise versuchen, an Produkten des täglichen Bedarfs zu sparen. 84 Prozent dieser Sparer greifen vermehrt auf Sonderangebote zurück. Mehr als die Hälfte gab zudem an, dass häufiger günstigere Marken im Einkaufswagen landen. Allerdings gibt es auch einige, die sich von den gestiegenen Preisen nicht im Einkaufsverhalten beeinflussen lassen. Knapp 40 Prozent der Befragten ließen ihr Ausgabenverhalten trotz höherer Preise unverändert.

Diät halten ist also nicht jedermanns Sache – und da davon auszugehen ist, dass der Inflationsdruck sich in den kommenden Monaten noch weiter ausbreitet, könnte unsere Diät über die Sommermonate gut und gerne zur Null-Diät werden.

Zur wahren Entlastung der Verbraucher braucht es also mehr als den nächsten Ernährungs-Trend. Insbesondere einkommensschwache Haushalte werden durch die steigenden Lebensmittelpreise belastet und an dieser Stelle sind statt der nächsten Super-Diät gezielte staatliche Unterstützungsmaßnahmen gefragt.

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